Gemäss französisches Arbeitsgesetzbuch, Art. L. 1237-11 bis L. 1237-16., können seit dem Jahr 2008 Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam vereinbaren, im Rahmen eines Aufhebungsvertrages das Arbeitsverhältnis gegenseitig zu beenden. Diese Verfahren unterscheidet sich daher vom Kündigungsverfahren durch den Arbeitgeber und der einseitigen Kündigung durch den Arbeitnehmer.
Grob geschätzt werden in Frankreich zwischen 20.000 und 30.000 Aufhebungsverträge monatlich unterzeichnet (Quelle DARES). Die frz. Behörden haben einen Aufhebungsvertrag in Form eines standardisierten Aufhebungsformulars (cerfa_14598) online gratis zu Verfügung gestellt, der zum Zeitpunkt des Abfassens des folgenden Artikels noch gültig und verbindlich ist und zwingend bei der DIRECCTE fristgerecht eingereicht werden muss: http://www.formulaires.modernisation.gouv.fr/gf/cerfa_14598.do
Aufhebungsvertrag – Voraussetzungen
Voraussetzung eines Aufhebungsvertrages ist zunächst das Vorliegen eines unbefristeten Arbeitsvertrages. Nach Unterzeichung des Aufhebungsvertrages (bzw. des standardisierten Aufhebungsformulars) und Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht der Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung seines gesetzlich ihm zustehenden Abfindungsbetrags (indemnités de rupture conventionnelle), welcher der Höhe nach nicht geringer sein darf als der klassische Kündigungszahlungsanspruch nach erfolgter Kündigung und sich anhand der Betriebszugehörigkeit berechnet (l’indemnité légale de licenciement ou à l’indemnité conventionnelle). In der Regel wird dem Arbeitnehmer jedoch ein höherer Abfindungsbetrag gewährt.
Zusätzlich besteht ebenfalls der Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitslosenunterstützung (in Frankreich max. 2 Jahre). Seit dem 1. Juli 2014 gibt es in Frankreich bei Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages für Personen, die einen höheren Abfindungsanspruch erhalten, jedoch eine sog. „Sperrfrist“ bis zum Erhalt der Arbeitslosenunterstützung. Diese Sperrfrist kann bei höheren Abfindungssummen (ab 16.200 Euros) bis zu 180 Tage betragen.
Das eigentliche Aufhebungsverfahren kann sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer eingeleitet werden (Cour de Cass. Soc. 15. Januar 2014). Das ist insofern auch nicht wenig verwunderlich, da die andere Partei schriftlich der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zustimmen muss. Wichtig ist hingegen, dass der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag ohne äusseren Druck unterzeichnen kann (Cour de Cass. Soc. 16. September 2015). Blosse vorherige „Meinungsverschiedenheiten“ sind hiervon abzugrenzen und stehen der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages nicht entgegen (Cour de Cass. Soc. 23. Mai 2013). Die Grenze ist sicherlich nicht immer leicht zu ziehen.
Aufhebungsvertrag – Umsetzung
Vor Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages müssen sich die Parteien zumindest einmal treffen und über die Voraussetzungen, vor allem das Arbeitsende und die Abfindungshöhe, Einigung erzielen. Bei den Vorgesprächen kann sich der Arbeitnehmer vertreten lassen. Das Gespräch kann am Vortag des Unterzeichnungstermines erfolgen, was wir jedoch vermeiden würden (Cour de Cass. Soc. 19. November 2014). Häufig vorkommende Klageverzichtserklärungen in den Aufhebungsverträgen sind generell rechtswidrig (Cour de Cass. Soc. 26. Juni 2013).
Ab Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages (bzw. des standardisierten Aufhebungsformulars) beginnt zunächst eine zweiwöchige Widerrufsfrist (délai de rétractation), an die sodann eine ebenfalls zweiwöchige Genehmigungsfrist (diesmal keine Kalendertage sondern Wochentage) der frz. Aufsichtsbehörde DIRECCTE anschliesst (demande d’homologation). Diesbezüglich muss eine der Parteien das Aufhebungsformular natürlich an die zuständige Aufsichtsbehörde nach Ablauf der Widerrufsfrist senden. Sollte das Verfahren nicht eingehalten worden sein oder der Abfindungsbetrag unterhalb des Betrages der gesetzlichen Kündigungsabfindung liegen, wird die frz. Aufsichtsbehörde das Aufhebungsverfahren aufheben.
Jede Partei kann vor dem französischen Arbeitsgericht hinsichtlich Aufhebung des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Jahres Klage erheben, wenn Sie der Meinung ist, dass die rechtlichen Voraussetzungen nicht eingehalten wurden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann nach Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages sogar ein Vergleich zwischen den Parteien unterzeichnet werden (Cour de Cass. Soc. 26. März 2014). Auch ein Arbeitsunfall/Arbeitskrankheit steht der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages nicht entgegen (Cour de Cass Soc. 30. September 2014). Das gleiche gilt für die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages während des Mutterschaftsurlaubs (Cour de Cass soc. 25. März 2015) sowie selbst nach Beginn des Kündigungsverfahrens (Cour de Cass. Soc. 3. März 2015).
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Eine Information von ALARIS AVOCATS.